Dann pack ich mal eben meine Möpse aus
Deinem Baby ist es egal, wo du gerade bist oder mit wem. Wenn es Hunger hat, hat es Hunger.
Ich erinnere mich noch daran, wie ich vor 3 Jahren aus dem Krankenhaus mit meiner Tochter entlassen wurde. Wir mussten noch Bürokratiekram erledigen, das übernahm der Freund, während ich im Wartebereich nochmals das Baby stillen wollte, bevor wir endlich nach Hause fahren konnten.
Ich hatte Mühe, überhaupt alles geregelt zu bekommen: das Baby festhalten, gleichzeitig die Brust auspacken, aber nur eine, und möglichst so, dass es keiner sieht, die andere Brust so mit dem Stillkissen versehen, dass die nicht ausläuft, das Baby anlegen. Da kam auch noch eine junge Frau an, die auf mich etwas zurückgeblieben wirkte und war total verliebt ins Baby.
Das war der totale Krampf. Das Stillen war noch neu für mich und Babys müssen das richtige Trinken auch erst mal lernen, das dauert ein paar Tage. Da liefen Leute rum, die junge Frau stellte mir Fragen übers Kind. Kurzum: mega angespannte und unangenehme Situation für mich.
Mit Kind Nummer zwei hat sich vieles verändert, auch das Stillen klappte schneller, denn ich kannte mich immerhin schon aus.
Ich hatte Glück bei Kind Nummer zwei, denn das Wetter wurde im April sehr schön und bald brauchte man sich nicht mehr dick anziehen. Weniger ausziehen beim Stillen, jawohl!
Nun konnte ich mich aber nicht mehr so viel mit dem Baby-Boy Zuhause aufhalten wie damals, denn die 3-Jährige verlangte nach Unterhaltung. Also waren wir jeden Tag draußen und viel unterwegs.
Nun ist es so: Deinem Baby ist es egal, wo du gerade bist oder mit wem. Wenn es Hunger hat, hat es Hunger. Scheiß egal, ob du im Auto sitzt, im Café, im Supermarkt, auf dem Spielplatz oder mitten auf der Straße.
Was solls, dann sucht man sich eben ’ne ruhige Ecke. Dummerweise musste ich lernen, das das so aber meistens nicht funktioniert.
Als der Neue vier Monate alt ist, hat es an einem Tag im Sommer 36°C. Ich kann mit den Kindern nicht allein ins Schwimmbad, ich trau es mir nicht zu, ich habe nur zwei Arme und ich brauche beide für den Sohn. Da die Tochter noch nicht schwimmen kann, fällt Schwimmbad ins Wasser. Da beschließe ich, dass wir in ein Einkaufszentrum in der Nähe gehen. Da gibt es diverse kleine Spielflächen bzw. -plätze und alles, was der Magen begehrt.
Sehr zu meinem Leidwesen gibt es dort seit Kurzem eine elektrische Eisenbahn, die für zwei Euro ein paar Minuten im Kreis fährt. Ich kann nicht so schnell blinzeln, wie meine Tochter diese Bahn entdeckt und drin gesessen hat. Sie verlangte Geld, das bekommen die Kleinen ganz schnell mit, wie das funktioniert.
Ich gebe ihr keines. Wir sind so oft hier, weil das Einkaufszentrum quasi ums Eck liegt. Wenn ich sie ein Mal fahren lasse, muss ich das jedes Mal tun.
Die Kleine stellt sich jedoch äußerst geschickt an und schafft es, die eine und andere Runde mit anderen Kindern mitzufahren.
Ich muss aber dabei stehen bleiben, es gibt keine Sitzmöglichkeit, und muss aufpassen, dass sie nicht auf die Schiene rennt, auf dem fahrenden Zug herumklettert oder ihre Hände auf die Schienen legt oder oder oder. Mitten im Einkaufszentrum, auf der unteren Etage (die man von der oberen Etage aus sehen kann), mitten auf dem Mittelgang. Und da bekommt der Neue Hunger. Und beschwert sich. Lautstark.
Jetzt hab ich zwei Möglichkeiten: das Baby erst mal schreien lassen, die Tochter widerwillig mit mir mitzerren und irgendwo hingehen, wo es ruhiger ist. Das Problem dabei wieder: ich, nur zwei Arme, ihr erinnert euch. Zwei schreiende Kinder auf dem Arm zu haben, das ist echt brutal. Vor allem, da das Baby wirklich sehr stark und extrem wendig ist, und die Tochter eben schon ziemlich schwer für mich.
Oder: ich stille an Ort und Stelle. Die Tochter kann Bahn fahren oder dabei zusehen, und darauf sitzen, wenn sie stillsteht und grad keiner fahren will. Und Baby bekommt direkt seine Milch.
Dann pack ich mal eben meine Möpse aus!
Und da steh ich dann eben so und fütter mein Baby. Lustig sind die Leute, die erst mal nur ein Baby sehen und gucken wollen, dann merken, „oh das hängt ja an ner Brust, schnell weg gucken“ und woanders hinsehen.
Süß ist, dass vor allem mittelalte Damen und Mütter einen dann zu 95% direkt ansehen und lächeln. Da kommt eine Frau auf mich zu, dunkelhäutig, und ihre Tochter hat den selben schwarzen Lockenkopf, lächelt und spricht mich an:
„Ich finde es sehr schön, dass du dein Baby so hier stillst.“
Ja, in Deutschland wird man für eine der natürlichsten Sachen der Welt gelobt. Stillen in der Öffentlichkeit ist gesellschaftlich zwar irgendwie angeblich normal, aber ihr solltet mal sehen, wie manche Leute gucken. Als würden sie dadurch belästigt.
Besonders die ganz alte Generation ist manchmal schockiert, auch wenn sie es niemals zugeben würde. Wie meine Oma, die innerlich wohl fast ohnmächtig wurde, als ich zack zack in ihrem Wohnzimmer schnell gestillt hab, bevor wir Kaffee trinken gegangen sind.
Meine Güte, ich denke da gar nicht drüber nach. Kind, was, hast du Hunger mein süßer Junge, ja, du musst nicht lange warten. Zack zack eben. Meine Oma würde es nie zugeben, aber das war ihr sehr unangenehm. Hat meine Mama mir im Nachhinein erzählt, ich hab da gar nicht drauf geachtet. Oma wurde von ihrer Großmutter aufgezogen, wodurch ihre Denkweise von einer noch älteren Kriegsgeneration beeinflusst wurde.
Dann gibts aber auch Leute ohne Scham. Sabbernde Opas die dir die Nippel abglotzen.
Lustig war neulich auch ein Opa, der sah mich stillen und meinte: „Das würd ich direkt mitnehmen!“
– „Ehm, das Kind oder meine Brust??“
Es stellte sich raus, dass er keine Enkel hatte. Meine Schwester meinte auf die Angabe des Mannes, dass er drei Töchter habe: „Naja, das wird vielleicht noch.“
Da sagte er, schon beim Umdrehen: „Ha! Die sind zwischen 48 und 55 Jahre alt, das wird nix mehr.“ Und ging davon.
Ich unterhalte mich noch sehr lange mit der dunkelhäutigen, lockigen Frau, vor allem übers Stillen und die Kinder.
Und dann denk ich mir: ich werd zwar blöd angeglotzt, wegen öffentlichem Stillen, oder weil ich so jung ausseh. Wie wird man dann als Ausländer betrachtet?
Wo ich schon überall gestillt habe:
- Zuhause (überall)
- im Auto
- im Einkaufszentrum
- bei IKEA
- im Schwimmbad
- in Parks
- auf Spielplätzen
- auf der Messe (Kerwe)
- überall, wo wir zu Besuch waren
- in Restaurants, Fastfood Läden und Cafés
- unterwegs auf der Straße
Deinem Baby ist es egal, wo du gerade bist oder mit wem. Wenn es Hunger hat, hat es Hunger! 🙂
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