Bobby Car im falschen Film
6:45 Uhr in der Früh. Die Tochter ist der Meinung, dass sie jetzt genug geschlafen hat und der Tag anfangen kann. Draußen ist es noch dunkel. Der Freund geht arbeiten. Die Tochter hat Hunger und will sich weder wirklich wickeln, noch anziehen lassen. Um 7 Uhr bin ich schon fertig mit den Nerven. Die Tochter hat beste Laune. Puh.
Ich bin todesmüde, weil ich zu spät im Bett war. Jetzt einen Kaffee!! Schlaftrunken schalte ich den Wasserkocher an, hole mir eine Tasse aus dem Schrank, gehe an den Kühlschrank – und finde keine Milch. ‚Oooh nein, wo ist die Milch?‘ Ich gebe mir Mühe, die Augen weiter auf zu machen. Trotzdem keine Milch. Oh oh… Ohne Milch keinen Kaffee für mich. „Oh maaaan“, mecker ich. „Maaan“, sagt auch die Tochter. Ich gähne zum fünfzigsten Mal an diesem Morgen.
Ich entschließe mich, den Kopf auf den Tisch zu legen, während die Tochter frühstückt. Sie will aber Aufmerksamkeit. Ich reiße mich zusammen und beschließe, mit ihr in den Garten zu gehen, frische Luft wird uns gut tun. Zum Glück habe ich noch ein Päckchen Schoko-Cappuccino zum Anrühren da, das ungefähr ein Jahr abgelaufen ist. Ich öffne die Packung, ja sieht gut aus, zwar nicht was ich wollte, aber besser als nichts.
Bewaffnet mit dem Schlüssel, meiner Tasse und meinem Handy betrete ich vom Wohnzimmer aus den Garten und sehe schon, wie die Tochter mit dem geliehenen, rosa Bobby Car aus dem Garten flieht. Na klasse, also ein spontaner Spaziergang…
Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass sie nach fünf Metern absteigt. Aber sie fährt echt bis zum Spielplatz. Keine Kinder da, also Spielplatz nach drei Minuten uninteressant. Direkt daneben befindet sich ein Parkdeck mit zwei Ebenen. Dort schiebe ich sie hoch und lasse sie runter fahren. Natürlich renne ich dabei nebenher und bremse sie etwas, damit sie nicht zu schnell wird und am Ende noch mit ihrem hübschen Gesicht bremst…
Als jedoch eine Schraube abfällt und ich die wieder befestigen muss, hat sie keine Lust mehr. Also fahre ich herunter, ohne zu bremsen, und es macht so verdammt viel Spaß. „Wuhuuuuu“, rufe ich, die Tochter ist begeistert und rennt hinter mir her. Weil ich schwerer als sie bin, fahre ich auch viel weiter. Ich muss lachen und fühle mich richtig gut. Von rechts kommt eine Frau mit Hund den Weg entlang und von links ein Mann. Die Frau schaut komisch, der Mann schmunzelt. ‚Haha,‘ denke ich, ‚die fühlen sich wie im falschen Film.‘
Die Tochter trägt meine (mittlerweile leere) Tasse und ich fahre das Rutscheauto nach Hause. Das muss lustig aussehen, weil meine Beine zu lang sind. Statt mich, wie die Kleine, mit beiden Beinen gleichzeitig vom Boden abzudrücken, gehen meine Beine am Lenkrad vorbei und ich ziehe abwechselnd das rechte und linke Bein an mich, um mich nach vorne zu schieben. Die Tochter will mich anschieben und drückt von hinten gegen meinen Rücken.
Wir fahren so an einer Mutter mit zwei Teenager-Mädels vorbei. Die Tochter und ich haben sichtlich Spaß. Erst glotzen uns die drei ziemlich entgeistert an, merken es dann, versuchen nicht so zu glotzen. Ich habe total Spaß und fahre an ihnen vorbei. Zwei Minuten später überholen sie uns, aber auf der anderen Straßenseite. Sie schauen noch mal unauffällig zu uns rüber, denken bestimmt die Kleine sei meine Schwester. Haha!
Dann ist die Tochter müde, ich setze sie aufs Lenkrad und fahre den Rest mit ihr nach Hause. Wieso soll ich auch alles tragen, wenn ich fahren kann?
Später denke ich daran, wie cool das war und wie viel Spaß es gemacht hat. Alleine wäre ich nie auf die Idee gekommen.
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