Der Neue – jetzt mach ich alles mit links!
Lady Awesome | Veröffentlicht am |
Zwei Kinder, das mach ich mit links, Baby!
Zwei Kinder, das mach ich mit links, Baby!
„Ach, ist das nicht herrlich, zwei Kinder zu haben?“, fragt mich Julia neckig und grinst. Ich schwitze. Es hat ungefähr 30° Celcius, die sich wie mindestens 50° anfühlen.
Unsere Mädels, beide zweidreiviertel Jahre alt, wollen aufs Trampolin. Da wir uns aber schon langsam auf den Heimweg und Richtung Parkausgang machen wollen, sagen wir, sie müssen sich erst anziehen.
Ich rufe vom Platz aus meine Tochter, die auf der Rutsche rum lungert:
„Komm, anziehen, danach gehen wir aufs Trampolin!“
Sie ignoriert mich erst, als ich noch mal rufe, sagt sie ihr Lieblingswort, „Nein.“, und rennt zum großen Spielplatz, den sie die ganze Zeit ignoriert hat.
„Ach, ist das nicht herrlich, zwei Kinder zu haben?“, fragte Julia wieder grinsend. Ich will schnell hinter der Tochter her, aber der Neue weint. Herrlich.
Er ist zwei Monate alt und findet den Kinderwagen scheiße. Es ist zu heiß, als dass ich ihn im Kinderwagen schreien lassen will, bis ich die Große angezogen habe. Also packe ich das Baby ins Tragetuch und laufe ihr hinterher.
Der Sohnemann wiegt schon knapp 5 Kilo, ich hab nicht sehr viel gegessen und mir ist durch die lebende Wärmflasche am Bauch noch heißer. Ihn scheint das gar nicht zu stören, im Gegenteil, er reibt zufrieden sein verheultes Gesicht an meine schwitzige Brust.
Mütter-Zusammenhalt
Ich bin am Spielplatz angekommen und sage meiner Tochte, dass sie ein Mal rutschen darf.
Jetzt erst sehe ich, dass das Gerüst für die Rutsche, auf das Fräulein Chaos geklettert ist, zwei Etagen hat. Natürlich ist die Tochter schon auf dem Weg nach ganz oben auf Etage zwei. Auch rufen und schimpfen meinerseits, unten am Boden versteht sich, bringt nicht den gewünschten Effekt. Kacke. Ich will mit dem Kind im Tuch nicht da hoch klettern…
Glücklicherweise will auch eine andere Mutter ihr Kleinkind von irgendwas abhalten und sie fragt, ob sie die Tochter runter holen soll. Diese ist schon auf der Leiter zu Ebene zwei. Ich bejahe und bin so froh, dass Mütter von kleinen Kindern in der Regel ziemlich aufmerksam sind, was das betrifft. Die Tochter beschwert sich, lässt sich von der Frau aber auf der unteren Ebene abstellen. Unter Protest und gutem Zureden meinerseits, rutscht Fräulein Naseweiß dann doch noch die „kleine“ Rutsche hinunter.
Es ist nicht so, dass ich ihr den Aufstieg nicht zugetraut hätte, sie war ja schon so gut wie oben. Aber wenn sie dann oben steht und vielleicht doch Angst hat, die Rutsche allein runter zu rutschen, dann steh ich dumm unten. Hoch ist immer leichter als runter, also würde sie die Leiter womöglich nicht mehr herunter kommen. Auch, weil der Abgrund von oben tiefer erscheint, als der Berg von unten hoch.
Als eine halbe Stunde später dann endlich die beiden Mädels da, angezogen und aufbruchbereit sind, gehen wir noch zum Trampolin. Ich leg den Neuen in den Kinderwagen und hüpfe ein bisschen mit den Mädels. Julia stillt in der Zeit ihr Baby, das 5 Wochen jünger ist als meins.
Ein neuer Freundeskreis
Sobald Du Mutter wirst, ändert sich mit den Jahren automatisch Dein Umfeld.
Julia und ich kennen uns aus einem Mutter-Kind-Kurs, den wir damals mit unseren neunmonatigen Mädels besucht haben. Wir hatten da nicht viel miteinander zu tun. Die Tochter und ich haben auch ein paar Mal gefehlt.
Erst jetzt, wo wir beide jeweils ein zweites Kind und dann noch beide einen Jungen bekommen haben, haben wir uns verabredet.
Es ist aber auch perfekt: die Mädels sind gleich alt und die Jungs auch nur fünf Wochen auseinander. Die Mädchen sehen auf den ersten Blick (von Weitem) aus wie Zwillinge. Die waren direkt beste Freundinnen. Und ich hatte auch Glück: Julia ist der Hammer.
Die Kinder spielen total gern zusammen, sind im gleichen Alter und dank der Babys geht uns auch nie der Gesprächsstoff aus. Der Tag im Park war wirklich anstrengend, allein schon der unglaublichen Hitze wegen. Aber das Treffen mit Julia hat mir geholfen, als ich gesehen hab, wie gechillt sie ist, obwohl ihr Baby noch kleiner ist.
Natürlich sollte man sich nie mit anderen vergleichen, aber da unsere Familiensituationen so ähnlich ist, komm ich nicht drumherum, zu schauen, wie sie das so macht. Und es ist nie verkehrt, sich gute Angewohnheiten oder Handlungen von anderen abzugucken.
Mein neuer Alltag mit zwei Kindern
Der Kleine ist wirklich lieb, viel „lieber“ als seine Schwester damals. Aber er ist ein Baby und naturgemäß wollen die zum Schlafen geschaukelt werden. Und überhaupt viel getragen werden und brauchen Nähe.
Zuhause mach ich alles mit links! Und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Die Tagesmutter hat Urlaub. In dem Fall ist „Ausschlafen“ angesagt. Sprich: solange, bis einer der Kinder beschließt, dass nun der Tag beginnt. Das Baby ist morgens zwischen 5 und 7 Uhr irgendwann in der Regel 30 bis 60 Minuten wach. Aber danach kann man sich mit ihm noch mal hinlegen. Wir stehen dann meistens zwischen 8 und 10 auf. An einem Tag haben wirs sogar bis 12 Uhr geschafft. Beim Blick auf die Uhr wäre ich fast aus dem Bett gefallen.
Zwei Kinder den ganzen Tag zu betreuen, ganz ehrlich, ich habs mir schlimmer ausgemalt. Ich habe mir vermutlich absichtlich Horrorszenarien vorgestellt. Man sagt zwar, schlimmer geht immer, aber besser geht auch, wenn man sich das Schlimmste ausmalt.
Meine Tochter war ein Schreibaby, das erste Jahr war der absolute Wahnsinn. Meine Mutter sagt im Nachhinein, dass sie immer froh war, wenn sie nach Besuchen bei uns wieder Zuhause war und ihr klingelten vom Geschrei noch den ganzen Abend die Ohren.
Da ist es nicht verwunderlich, dass ich einen Nervenzusammenbruch hatte, als ich von einer erneuten Schwangerschaft erfuhr. Die Natur hat es glücklicherweise so eingerichtet, dass man genug Zeit hat, sich damit anzufreunden.
Schwangerschaft und Geburt waren kein Zuckerschlecken - aber im Gegensatz zu den Wochen danach ein Scheiß
Ich sags gerade raus: die Schwangerschaft war kein Spaß! Ich konnte auch mit dem Ding in meinem Bauch nichts anfangen.
Klar hab ich mich über Tritte gefreut und dass der Arzt immer mit allem zufrieden war. Worüber kann man dankbarer sein, als über ein gesundes Kind? Doch ich wusste auch, dass ich ihn lieben würde, wenn er da war.
Und das tat ich. Im Gegensatz zur Geburt meiner Tochter, die ich sehr traumatisch in Erinnerung habe, war diese vermutlich ein Traum, auch wenn ich das nie im Leben so bezeichnen würde. So viele Frauen sprechen von Traumgeburten. Ehhh – nein.
Aber, verglichen zur ersten Geburt, ohne das Kotzen, die unfreundlichen Hebammen, das absolute Ignorieren meiner Wünsche und ohne die Angst – wars wohl irgendwie ein Traum. Es hat ab „schmerzhaft“ noch 4 Stunden gedauert, dann war er da. Und diesmal hatte ich keine Angst. Ich hatte das schon mal geschafft.
Im Kreissaal schien die Sonne. Wirklich. Es war April und die Sonne schien genau herein. Wir hatten sogar das Fenster offen. Es war ein wunderschöner, schon sommerlicher, Tag. An dem Tag, an dem wir aus dem Krankenhaus entlassen wurden, hatte das Baby nur einen Body an, weil es so unglaublich warm war draußen.
Aber Zuhause fängt der Spaß dann erst mal richtig an. Haha. Die ersten Wochen und Monate mit Baby sind wirklich hart.
Meine Tochter war ein Schrei-Baby - aber auch so ist das mit Babys Schlaf immer so eine Sache...
Als meine Tochter fast genau zweieinhalb Jahre zuvor das Licht erblickte, übrigens ebenfalls an einem wunderschönen Tag, nur im Oktober, und man mir dieses kleine Bündel übergab, fühlte ich mich total überfordert. Ich hatte einen Teil von mir verloren und auch wenn ich froh über das Ende der Schwangerschaft war; aber die Kleine war mir sooo fremd. Wir zwei haben lange gebraucht, uns aneinander zu gewöhnen.
Ich wollte schon immer ein Baby haben, aber dieses Mädchen hat uns wirklich an den Rand der Verzweiflung getrieben. Sie konnte ja nichts dafür. Sie hatte viele negative Vibes in der Schwangerschaft abbekommen und fühlte sich auf dieser komischen, hellen und lauten Welt nicht wohl. Das hat auch nichts ändern können. Sie war absolut gesund, ich war bei sämtlichen Ärzten, beim Kinderarzt, Osteopathen, hab sie sogar im Krankenhaus durchchecken lassen.
Aber sie fand so schwer in den Schlaf. In ihren ersten 4 Lebenswochen bin ich ungelogen jede Nacht von Mitternacht bis 2, manchmal sogar 3 Uhr mit ihr im Tragetuch durch die viel zu kleine Wohnung gelaufen. Abzugshaube auf voller Stufe.
Von dem Schlafmangel und dem Gedrehe in der winzigen Küche, um hin und her laufen zu können, bin ich manchmal fast umgefallen. Ab und an hab ich mir gewünscht, es würde passieren, damit man uns mehr Hilfen an die Hand geben würde. Wir standen mit ihr nämlich ziemlich allein da. Meine Hebamme hat mich seelisch gerettet. Sie hat uns die Tochter auch beim Umzug in eine größere Wohnung für einen Tag abgenommen und sie wann anders auch malmitgenommen, da war sie ein halbes Jahr alt und abgestillt.
Dank Mariam konnte ich ohne Überweisung des Kinderarztes ins Krankenhaus und mein kleines Schreikäferlein drei Tage lang durchchecken lassen. Denn der Kinderarzt weigerte sich, etwas zu tun bzw. uns zu überweisen. Seiner Meinung nach war das Mädchen gesund.
Er hatte Recht behalten. Aber man erträgt das Weinen einfacher, wenn man genau weiß, dass es keinen medizinischen Grund dafür gibt.
Dann kann man nur noch Tragen und Trösten und geduldig sein. Und dann, mit einem Jahr und als sie mit 15 Monaten dann laufen konnte, war sie fast wie ausgewechselt. Sie ist noch immer ein aktives Kind. Sie ist sozial, freundlich, offen und neugierig, hat Hummeln im Hintern und möchte nie lang allein spielen.
Die zwei sind so verdammt unterschiedlich - ich finde das spannend!
Und obwohl das neue Baby beim Spielen immer stört und die Tochter oft zurückstecken und warten muss, liebt sie das Baby. Ich hab sie bei der Tagesmutter gefragt, ob wir den Neuen einer anderen Mama mitgeben sollen. Das wollte sie nicht. Wenn wir sie abholen, streichelt sie ihm über den Kopf und heute Morgen hat sie ihm ein Abschiedsküsschen auf den Kopf gedrückt.
Meinen Sohn konnte ich sofort lieben und er hat es mir auch nicht schwer gemacht. Auch beim Neuen ist die Hebamme wieder für uns da. Und ich mache mal wieder alles mit links. Denn wer rechts ein Baby auf dem Arm hat, der schmiert Brote, schneidet Äpfel, staubsaugt, kocht und trocknet Tränen mal eben mit links 😉 🙂
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