Muss man als Mutter eine „gute Hausfrau“ sein?

„Du musst als Mutter eine Mutter sein.

Das ist viel Arbeit. Alles darüber hinaus kannst du als weiteren Erfolg betrachten!“

Ich bin unordentlich und chaotisch.

Mein Zimmer sah in der Grundschule so aus: überall lagen Dinge, Kleidung, Schulzeug, Kram. Der ganze Boden war voll. Es gab einen schmalen Pfad von der Tür zum Bett.

Später hatte ich einen Stuhl im Zimmer. Meinen Schreibtischstuhl. Immer, wenn ich mich setzen wollte, fielen bergeweise Klamotten auf den Boden.

In meiner ersten eigenen Wohnung (sie hatte drei mini Zimmer; zwei mittelgroße Zimmer wären mir lieber gewesen) gab es eine Rumpelkammer. Alles mit dem Stempel „weiß-nicht-wohin“ landete genau da.

Soweit, so chaotisch.

Sobald du Mutter wirst, wird von dir erwartet, dass du alle möglichen (und unmöglichen) Sachen gewuppt bekommst. Dass du dein Leben mit Baby hinkriegst.

Im Klartext: du musst dich erstens um dich kümmern, sonst machts keiner. Und du musst dich zweitens plötzlich noch um einen zweiten Menschen kümmern. Überraschung: dieser kleine Mensch kann alleine gar nichts.

Wenn dein Baby gesund ist, kann es anfangs atmen und die Organe funktionieren. Das Verdauungssystem beginnt zu arbeiten. Ja, sogar scheißen will gelernt sein. Das ist kein Witz.

Es kann nicht mal richtig sehen und hören! Das Baby will nur bei Mama sein, denn es musste seine gewohnte Umgebung verlassen.

Vom warmen, dunklen, engen und rauschenden Mutterleib wurde es in eine Welt entlassen, die hell ist, jede Menge Eindrücke bietet und so gar nicht rauschig und eng ist.

Das erste Jahr mit Baby ist normalerweise der absolute Ausnahmezustand einer jeden Familie. Eine schöne und anstrengende Zeit mit Augenringen und Freudentränen.

Ich habe eine Freundin, die sehr gerne putzt. Sobald du ihr Haus betrittst, bekommst du gewaltige Komplexe. Ich habe (rein interessehalber) im Badezimmer auf dem obersten Regal nach Staub gesucht. Ich habe keinen gefunden.

Jetzt das krasse: diese, meine Freundin, hat ebenfalls zwei kleine Kinder. Unsere Mädels sind alterstechnisch nur einen Tag auseinander. Ihre Kleine ist noch im ersten Jahr (Ausnahmejahr, ihr wisst schon).

Als unsere „Großen“ noch ganz klein waren, haben wir uns kennengelernt. Mein Kind: Schrei-Baby. Ihr Kind: die Ruhe in Person.

Ich fragte sie, wie sie das hinkriegt, dass es bei ihr so geleckt aussieht.

„Ich putze zwei bis drei Mal pro Woche drei Stunden lang. Mir macht das total Spaß! Meine Kleine bleibt mit im Raum und spielt. Und wenn ihr langweilig wird, dann geht sie ins andere Zimmer und spielt da.“

Ich war so neidisch. Was für eine Welt!

Meine Tochter wich mir nicht von der Seite und wollte immerzu „bespaßt“ werden. Noch dazu hasse ich putzen. Wenn ich also mal Freiräume oder Zeit habe, tue ich alles, außer Putzen.

Das ist jetzt ein Luxus-Problem, aber unsere Wohnung verteilt sich auf drei Etagen. Ich habe nun zwei Kinder, die den ganzen Tag Zeug von A nach B bringen. Ich finde Zahnbürsten in Spielzeugkisten. Besteck im Badezimmer. Spielzeug in Schuhen (aua!!!). Süßigkeiten unter der Couch.

Die Kinder finden und futtern meine Süßigkeiten. Meine Süßigkeiten!

Mein Sohn hat ein Hobby: Dinge durch die Gegend werfen. Das hat er von mir (es dauerte fast ein Jahr, bis mir das bewusst wurde). Jede Schachtel, Dose oder Box wird zwangsläufig irgendwann mal ausgekippt. Jeder Schrank mal ausgeräumt. Manche öfter. Jedes Stofftier und sonst alles, was zwischen die Finger kommt, die Treppe runter geworfen.

Die Motorik meines Kleinen ist toll. Aber er kann Dinge noch nicht so abschätzen wie bspw. seine große Schwester. Ich kann noch so hinterher sein, dauernd fällt irgendwo ein Becher herunter oder fällt um oder mein Sohn spritzt absichtlich mit seiner Trinkflasche herum. Pure Absicht. Das macht dem richtig Spaß!

Mit kleinen Kindern kannst du den ganzen Tag aufräumen und bist gefühlt trotzdem der Ordnung keinen Schritt näher gekommen.

Aber Gott, ich liebe meine Kinder. Ich liebe sie von ganzem Herzen! Sie sind der Grund, warum ich jeden Tag aufstehe.

Bin ich eine gute Hausfrau?

Was ist denn eine „gute“ Hausfrau?

Eine Frau, die ihrem Mann abends das Essen serviert? Die seine Hemden bügelt? Und den Backofen regelmäßig säubert?

Wenn das die Kriterien wären, wäre ich eine grausige Hausfrau. Mein Freund kocht die meiste Zeit selbst, wenn er nach Hause kommt. Zusammen mit den Kindern! Ich habe noch nie gebügelt. Und den Backofen reinigt auch mein Freund.

Meiner Meinung nach gibt es aber viel wichtigere Dinge.

Ich nehme mir Zeit/Geduld/Kraft/Nerven für meine Kinder. Wir spielen, wir malen, wir quatschen. Neulich hat mein Sohn ein Schüsselchen mit Körnern ausgeschüttet. Aber er hatte so viel Spaß! Also hab ich ihn machen lassen. Er hat die Körner wirklich überall verteilt. Unter dem Schrank. Ich hab sogar welche in seiner Windel gefunden! 😀

Ich versorge und erziehe meine Kinder. Das ist harte, harte Arbeit.

Und – und das musste ich lernen und mir jeden Tag hart erkämpfen! – ich nehme mir Zeit für mich. Das muss man.

Alles was ich darüber hinaus schaffe, ist doch super!

Ganz wichtig finde ich einfach, niemanden zu verurteilen. Ich respektiere meine Freundin mit der krass sauberen und aufgeräumten Wohnung. Aber ich respektiere genau so meine beste Freundin. Und deren Wohnung ist das Chaos pur. So wie meisten Zimmer meiner Wohnung…

Wir alle haben unterschiedliche Geschichten, Hintergründe, Prioritäten, Interessen und psychische Verfassungen.

Meiner Meinung nach bist du eine gute Mutter, wenn du versuchst, so gut es geht und in vernünftigerweise deinem/n Kind/ern gerecht zu werden.

Wenn du deine Kinder körperlich, moralisch und emotional versorgen kannst, bist du toll! Das kann bei jedem Einzelnen sehr unterschiedlich aussehen.

Wenn du noch dazu dafür kämpfst, dir Freiräume zu schaffen und dich auch um dich zu kümmern, kannst du sogar eine noch bessere Mutter werden. Zeit für dich zu haben ist wichtig. Kraft tanken und weitermachen. 🙂

Ich habe – möglicherweise schon seit meiner Kindheit – mit Depressionen zu kämpfen.

Ich bin seit November 2019 in Therapie und werde euch davon berichten. Jedenfalls tut es mir sehr gut.

Kann man mit Depressionen eine gute Mutter sein?

Vorweg: JA!

Durch meine offene Art mit psychischen Krankheiten vertrauen sich mir viele Menschen ebenfalls an. Ich kenne so viele Menschen mit Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen, darunter – natürlich – auch Mütter. Meine eine Freundin hat eine bipolare Störung. Ist sie eine gute Mutter? Alter, JA! Meine beste Freundin hat auch Depressionen. Und sie? Ist eine tolle Mutter.

Und wenn du das Gefühl hast, du wirst deinen Kindern nicht gerecht? Ob mit oder ohne Krankheit: hol dir Hilfe.

Prinzipiell behaupte ich, dass die meisten Mütter meistens großartige Mütter sind! Und doch sind wir alle nur Menschen, die in diesem aufreibenden Leben klarkommen müssen.

Wieso helfen wir uns nicht einfach mehr dabei?

Egal ob du Mutter oder Vater bist oder nicht: biete einfach mal deine Hilfe an.

Ich war am Samstag noch was einkaufen, nur ich allein, ohne Kinder. Vor mir in der Schlange an der Kasse war eine Mutter mit einem kleinen Baby im Kinderwagen.

Ich fragte Sie: „Darf ich Ihnen helfen?“

Leute, ich kenne das und ich bin so froh, dass ich gefragt habe.

Die Frau hat zwar freundlich lächelnd abgelehnt. Sie hat es super easy und schnell allein hingekriegt (Baby in den Wagen legen, Produkte aufs Band legen, wieder einpacken und bezahlen). Aber sie hat sich SO GEFREUT!

Als sie bezahlt hatte und zum Gehen aufbrach, drehte sie sich nochmals um und bedankte sich so herzlich, dass mir richtig das Herz aufging!

Und ich hatte nicht mal was gemacht! Müttern eine Freude zu machen erfordert wirklich keinen Aufwand. Selbst wenn ich geholfen hätte, wäre das keine Arbeit gewesen.

Ich habe nur meine Hilfe angeboten und diese Frau hat sich so gefreut.

Warum also nicht mal öfter seine Hilfe anbieten?

Doch ein letztes Mal zurück zum Thema. Muss man als Mutter eine gute Hausfrau sein?

Du musst als Mutter eine Mutter sein.

Das ist viel Arbeit. Alles darüber hinaus kannst du als weiteren Erfolg betrachten!

Du machst Essen für deine Kinder, fütterst sie, räumst das Geschirr auf. Wischst Flecken von Gesichtern, vom Tisch, vom Boden, von den Wänden, von der Decke.

Du wickelst deine Kinder, ziehst sie an, ziehst sie um, wäschst ihre Kleidung, einiges muss eingeweicht werden (Kinder sind kleine Schweine!).

Vielleicht bügelst du sogar. Oder gehst zusätzlich noch arbeiten. Hut ab!

Kinder wollen spielen, sie verlangen Aufmerksamkeit!

Den häufigsten Satz, den ich von meiner Tochter höre, ist: „Mama, GUCK MAL!“

Mein Sohn ist auf den Zug aufgesprungen, das Stichwort ist Aufmerksamkeit: „Mama! Gugg!“

Du nimmst dir Zeit, beweist Geduld, erklärst, wischst Tränen auf, bringst zum Lachen. Allein die emotionale Arbeit bei der Kindererziehung ist schon eine Monster-Aufgabe.

Ich gebe zu, bevor die Schwiegereltern kommen (im Schnitt zwei bis drei Mal im Jahr) tue ich nichts anderes, als in der möglichen Zeit die Wohnung auf Vordermann zu bringen. Ordnung und so. Die Schwiegermutter ist da sehr pingelig.

Das hält dann, zumindest in den Räumen des täglichen Lebens, so ein bis zwei Tage, bis langsam der „Normalzustand“ wieder hergestellt ist.

Ich nehme die Besuche als Gelegenheit. Als Motivation, mal Dinge zu erledigen, zu denen ich nicht komme oder die ich einfach nicht mehr sehe.

Bestimmt gehen die Meinungen auseinander. Man kann über jedes Thema streiten. Aber ich behaupte, die meisten Mütter werden das auch so sehen: natürlich kann man immer an sich arbeiten, das tue ich auch. Aber der Zustand deiner Wohnung geht nur dich und die, die mit dir dort leben, was an.

Und nur, weil deine Wohnung nicht so aussieht, wie andere das gerne hätten (oder auch du selbst), bist du keine schlechte Mutter/kein schlechter Mensch.

Ohne das Chaos gibt es auch keine Ordnung!

Um den Text besser lesen zu können,
spreche ich hier von "Müttern" und
"Kindern".

Ich möchte aber genauso Väter und
alle anderen Menschen ansprechen.
Besonders die Menschen, die sich
um Kinder kümmern.
Es sind natürlich auch Eltern/
Pflegeeltern/Betreuern etc. 
mit einem Kind angesprochen.

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